Keiner winkt, aber alle winken zurück
Da stehst du. Am Bahnsteig. Auf der Veranstaltung. Im Meeting. Du überlegst, ob du „winken“ sollst – also den ersten Schritt machen, ein Lächeln senden, eine Idee teilen, Feedback aussprechen. Du spürst den Impuls, aber zögerst. Was, wenn keiner reagiert?
Doch dann passiert es: Jemand anders winkt zuerst. Und plötzlich winken alle. Ein Lächeln geht reihum, Zustimmung bricht aus, ein Thema zündet. Und du denkst: Das hätte ich auch sagen können.
So beginnt oft Resonanz – nicht durch Strategie, sondern durch Mut. Das Paradoxe ist: Fast niemand traut sich, den ersten Impuls zu zeigen. Aber wenn einer sich zeigt, reagieren viele.
„Keiner winkt, aber alle winken zurück.“
Es ist ein Spiegel der stillen Sehnsucht, gesehen, gehört und verbunden zu sein.
Warum winkt keiner zuerst?
Weil wir gelernt haben, dass Initiative risikobehaftet ist. Der erste, der winkt, zeigt sich – macht sich sichtbar, verletzlich, angreifbar. Wer winkt, zeigt: „Ich bin da. Ich sehe dich.“ Doch wenn das Echo ausbleibt, droht Peinlichkeit. Und so bleiben wir oft im passiven Warten.
Was wir dabei übersehen:
Verbindung entsteht nicht im Warten.
Resonanz folgt nicht der Vorsicht, sondern der Echtheit.
Leadership beginnt da, wo jemand den ersten Impuls setzt – nicht, weil er sicher ist, sondern weil er überzeugt ist.
Dabei wissen wir: Kinder winken einfach.
Sie winken aus dem Zugfenster, sie winken beim Hallo-Sagen, sie winken Fremden zu. Sie handeln aus einem natürlichen Bedürfnis nach Verbindung – nicht aus Kalkül, sondern aus dem Inneren heraus.
Und irgendwann hören wir damit auf. Nicht weil wir es nicht mehr können, sondern weil wir gelernt haben, zu warten.
Warten auf Sicherheit. Auf Zustimmung. Auf Garantie.
Hierin liegt genau die Einladung: Wieder zu lernen, wie ein Kind zu winken. Einfach, klar, offen – ohne zu wissen, ob jemand zurückwinkt.
Leadership ist das erste Winken. Es braucht den Mut, sich zu zeigen. Wahre Führung liegt darin, die Welle selbst auszulösen. Den Raum zu öffnen. Fragen zu stellen, bevor Klarheit herrscht. Ideen zu zeigen, bevor Konsens besteht.
Ich lade dich ein: Wenn du heute jemanden siehst – in deinem Umfeld, in deinem Team – der darauf wartet, dass jemand den ersten Schritt macht: Wink. Sag etwas Echtes. Gib Feedback. Sag Danke. Frag nach.
Vielleicht geht von deinem Winken eine Kette aus, an deren Ende etwas ganz Neues entsteht. Die Welt wartet nicht auf Perfektion. Sie wartet auf Resonanz.
„Keiner winkt, aber alle winken zurück“ ist keine Ironie, sondern ein stiller Aufruf:
Vertrau deinem ersten Impuls. Vielleicht bist du der Impulsgeber, auf den alle gewartet haben.